Das Gendern mit Sonderzeichen umfasst die Genderstile mit Gendersternchen, Doppelpunkt, Unterstrich, Schrägstrich, Binnen-I – und noch einige andere.

Bei der Anwendung wird das jeweilige Zeichen zwischen der männlichen und der weiblichen Wortendung platziert. Wird mit dem Binnen-I gegendert, wird der erste Buchstabe der längeren Wortendung großgeschrieben. Doch ganz so einfach, wie es zunächst scheint, ist das Gendern von Personenbezeichnungen nicht.

So erklären einige Genderratgeber, dass es beispielsweise eine „Ansprechpartner:in“ gebe, aber keine „Kund:in“, „Mitarbeiter*innen“, aber keine „Kolleg*innen“, „Praktikant_innen“, aber keine „Expert_innen“.

Der Grund: Bei den genannten Beispielen funktioniere die sogenannte Weglassprobe nicht. Danach muss der Wortteil bis zum Genderzeichen sinnvoll und grammatikalisch korrekt sein. Das heißt, auch wenn der Wortteil nach dem Genderzeichen weggelassen wird, muss das Wort im Kontext des Satzes vollständig sein.

Nach dieser Philosophie ist „Kund:in“ falsch, da das „e“ von „Kunde“ fehlt – „Kund“ ist kein Wort. Bei „Kolleg*innen“ fehlt das „en“ von „Kollegen“ – „Kolleg“ ist kein Wort. Und so weiter …

Auch bei unterschiedlichen Wortstämmen, heißt es, könne mit Genderzeichen nicht grammatikalisch korrekt gegendert werden:

  • Ärzt:in – „Ärzt“ ist kein Wort
  • Französ*innen – „Französ“ ist kein Wort
  • Bäuer_innen – „Bäuer“ ist kein Wort

Deshalb wäre die einzige Möglichkeit, in diesen und gleich gelagerten Fällen auf andere Gendertechniken auszuweichen. So könnte man beispielsweise anstatt von „Kollge:innen“ von einem „Team“ (neutral) oder „Kolleginnen und Kollegen“ (Paarnennung) sprechen.

Müssen wir also in jedem Genderleitfaden mehr oder weniger komplizierte Ausnahmeregeln für Personenbezeichnungen unterbringen?

Nicht unbedingt, denn die Weglassprobe ist nur eine Insel im Meer der Regelwidrigkeit. So hat der Rat für Deutsche Rechtschreibung noch keines der Genderzeichen anerkannt. Sie verstoßen ohne Ausnahme gegen die amtliche Rechtschreibung. Es ist daher gar nicht möglich, auf diesem Terrain auf eine korrekte Grammatik zu pochen. Viele, die eine geschlechtergerechte Sprache verwenden wollen, setzten Genderzeichen unterschiedlich ein und suchen nach der individuell besten Lösung.

Wir beobachten Ratgeber und Anwender:innen, denen die Umsetzung nach der Weglassprobe inklusive der dadurch erforderlichen Ausweichempfehlungen offenbar viel zu kompliziert sind. Selbst große Unternehmen schreiben in ihren Texten ungeniert „Kund:innen“ und „Kolleg*innen“. Denn schließlich, so könnten sie argumentieren, verstehen alle, wer damit gemeint ist: Menschen, die in einer Geschäftsbeziehung zu einem Unternehmen stehen und sich als männlich, weiblich oder divers verstehen; Menschen aller Geschlechter, die zusammen bei demselben Arbeitgeber arbeiten …

Mit Blick auf die Verwendung von Genderzeichen ist also jeder Dogmatismus unangebracht. Stattdessen sollten wir für unterschiedliche Bedarfssituationen die jeweils passende Lösung finden und diese durch gute Argumente stützen.