Es gibt einige Dinge, die aus unserer Sicht unbedingt in einen Corporate Language Sprachleitfaden bzw. in ein Handbuch für die Unternehmenssprache hineingehören. Dazu zählen Beispielttexte, Beispieltexte und noch mal Beispieltexte.
Irgendwann ist es soweit: Die ersten Texte in der neuen Corporate Language entstehen. Dazu müssen Scheibende im Unternehmen die Sprachregeln anwenden, indem sie sie … interpretieren! Sie müssen entscheiden, wie sie einzelne Regeln sprachlich auslegen und wie sie mehrere Regeln zueinander gewichten. Sie müssen festlegen, wie das Orchester aller Sprachcharakteristika am Ende klingen soll. Denn die tatsächliche Sprachgestalt lässt sich auf Regelebene gar nicht darstellen. Sie ist mehr als die Summe der Regeln.
Und genau hier liegt auch die Herausforderung für die Umsetzung. Denn jede:r Anwender:in, die oder der zukünftig mit dem Sprachleitfaden umgeht, interpretiert die Regeln anders, ausgehend vom eigenen Sprachverständnis und den eigenen sprachlichen Möglichkeiten.
„Corporate Language Regeln anzuwenden, heißt immer, sie zu interpretieren. Erst die Anwendungsbeispiele verraten, was sich hinter ihnen tatsächlich verbirgt.“
DIVE
So kann es zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen, wenn unterschiedliche Autor:innen im Unternehmen an Texten mitwirken, nach dem Motto: „Ein Sprachleitfaden – zehn unterschiedliche Lösungen“. Und genau das möchten Unternehmen tunlichst vermeiden, Stichwort Einheitlichkeit.
Die beste (und einzige) Orientierung, wie Sprachregeln ausgelegt werden sollen, geben Beispieltexte. Sie schlagen die Brücke von der Theorie zur Praxis. Erst mit dem in Corporate Language verfassten Text vor Augen erkennen Anwender:innen, wie genau das Regelsystem auf die Sprache übertragen wird. Nur an ihm können sie ablesen, welche Sprachgestalt die Entwickler:innen intendiert haben. Auch wenn sie nach einer Schreibpause wieder in die Corporate Language einsteigen möchten, geht das besonders gut und schnell, wenn sie sich dabei von Beispieltexten leiten lassen können.
Ein:e geübte:r Autor:in ist deshalb eher in der Lage, einen Text anhand von Vorlagen nachzubilden, als anhand eines Sprachleitfadens, in dem die Anwendungsbeispiele fehlen.
Darum: Wenn du einen Corporate Language Sprachleitfaden oder ein Handbuch für Unternehmenssprache entwickelst, spare nicht an aussagekräftigen Beispielen. Wenn diese noch kommentiert sind und die Kommentare den Blick auf bestimmte Konstruktionsmerkmale lenken, umso besser. Damit und ein bisschen Coaching können sich Anwender:innen effektiv auf die Sprache deines Unternehmens „einschreiben“.