Wenn wir in Workshops nach einem Best Practice Beispiel für eine Corporate Language fragen, ist die Antwort oft dieselbe. Es fällt der Name eines schwedischen Möbelhauses. Doch warum ist die IKEA-Sprache so eindrücklich?
Mit sprachlichen Markern Wirksamkeit entfalten
Wir können eine Corporate Language (auch Corporate Wording, Brand Language, Tone of Voice oder Brand Voice genannt) allgemein als eine auf besondere Weise markierte Sprache verstehen. Dabei können sprachliche „Marker“ auf unterschiedlichen Ebenen gesetzt werden: auf Wortebene ebenso wie auf der Ebene des Sprachstils.
Wenn die IKEA-Sprache also von vielen Menschen als eine „besondere“ Sprache wahrgenommen wird, dann ist es dem Unternehmen offenbar gelungen, seine Sprache sehr auffällig zu markieren.
IKEA Corporate Language: Vier erfolgreiche Marker
Vor allem diese vier Markierungen werden am häufigsten benannt:
- Begrüßung in schwedischer Sprache mit „Hej!“
- Anrede der Kund:innen mit „du“
- Häufig verwendete „Leuchtturmwörter“ wie „Zuhause“, „Familie“ und „einfach“
- Skandinavische Produktnamen
Besonders beeindruckend ist dabei das System der Namensgebung:
Produkt | Namensgebung |
Wohnzimmermöbel | schwedische Ortsnamen |
Badezimmerartikel | Flüsse und Seen |
Leuchtmittel | schwedische Begriffe, die in der Musik, Meteorologie oder Chemie verwendet werden |
Küchenartikel | Namen beschreiben meist die Funktion oder Nützlichkeit des Produkts |
Kinderprodukte | Adjektive |
Gartenmöbel | schwedische Inseln |
Teppiche | dänische Ortsnamen |
Bettwäsche, Decken, Kissen | Pflanzen, Edelsteine |
Stoffe und Gardinen | weibliche skandinavische Vornamen |
Stühle, Schreibtische, Regalsysteme | männliche skandinavische Vornamen |
Auch an anderen Stellen arbeitet IKEA mit der Sprache seines Herkunftslandes – und übersetzt die schwedischen Sätze für seine Kunden ins Deutsche. So wie auf einem Schild über einer Sitzbank:
„Sätt dig här!“*
*„So sagen wir ,Setz dich hin!ʻ auf Schwedisch.“
Der Effekt: Im Kontakt mit der IKEA-Sprache fühlen wir uns wie auf einer Reise durch Schweden. Die Corporate Language aktiviert „typisch schwedische“ Attribute wie Naturverbundenheit, Freiheit, Offenheit, Familienfreundlichkeit und Modernität.
IKEA Corporate Language: eine differenzierte Sprache
Doch das sind nicht die einzigen sprachlichen Mittel, die IKEA in seiner Sprache einsetzt. Es gibt noch weitere Gestaltungsmerkmale, die die Corporate Language des schwedischen Möbelhauses prägen.
Zumindest eine zeitlang hat IKEA seine Produkte als lebendige Subjekte mit eigener Persönlichkeit inszeniert:
- „BILLY weiß, dass du viel liest …. und dich selten von Büchern trennst.“
- „Ich möchte gerne hierbleiben.“ (Schild neben einer Regaldekoration)
Auf Plakaten neben Produkten stellt sich IKEA auf eine Stufe mit den Verbraucher*innen:
- „Verrückt nach Farbe? Kennen wir.“
- „Flexibel arbeiten? Kennen wir.“
Die Nähe, die IKEA durch solche Mittel ebenso wie durch das Duzen der Kund:innen erzeugt, passt übrigens perfekt zur schwedischen Mentalität und wirkt dadurch umso glaubwürdiger: So bedeutet das schwedische „Jantelagen“ (Gesetz von Jante) im Grundsatz, dass niemand besser ist als die anderen. Die Gleichheit aller Menschen ist den meisten Schweden wichtig.
Neuerdings setzt IKEA mit der Umgangssprache einen weiteren deutlichen Akzent:
- „Bitte nimm hier deinen Einkaufswagen.“
- „Zeig jetzt deine IKEA Family Karte vor …“
- „Tassen und Gläser bekommst du vor den Kassen.“
- „Bring den Geschmack von Schweden zu dir nach Hause.“
- „Weiche Textilien, schöne Beleuchtung und viel frisches Grün machens möglich.“
- „Stell das Tablett einfach auf das Band und leg die Flaschen bitte hin.“
Auch hier stehen Nahbarkeit und Unkompliziertheit im Vordergrund. IKEA spricht mit dir, wie du mit einem engen Freund oder einem Familienmitglied sprichst.
In der IKEA-Sprachwelt ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile
Keines dieser sprachlichen Mittel wirkt für sich allein. Erst ihr Gesamtkonzert sorgt dafür, dass wir die Texte des Unternehmens als „typisch IKEA“ wahrnehmen und die sprachliche Kommunikation als ganzheitliche Sprachwelt empfinden.
Die Learnings für die Corporate Language deines Unternehmens
Natürlich passt die IKEA-Sprache nur zu IKEA. Die Wirksamkeit ihres speziellen Profils erlaubt es jedoch, einen generellen Rückschluss auf die Herausforderungen in der Gestaltung einer Corporate Language zu ziehen.
Da Sprache vor allem Informationen transportieren muss, sind die Korridore für eine sprachliche Markierung nicht immer breit gesteckt. Umso mehr muss es darauf ankommen, möglichst markante Merkmale in der Sprache zu verankern und diese konsequent umzusetzen. Vorausgesetzt, eine gewisse „Auffälligkeit“ und Differenzierung sind gewünscht und die gesetzten Marker passen zur Tonalität der Marke.
Wie sehen die sprachlichen Marker in der Corporate Language deines Unternehmens aus? Wie kannst du sie weiter schärfen? Und wie wirken sie zusammen, sodass eine markante, wiedererkennbare Sprachwelt entsteht?