Viele Corporate-Language-Konzepte wirken auf den ersten Blick plausibel: eine definierte Wortwelt, klare Do’s and Don’ts, semantische Leitplanken – ergänzt durch Empfehlungen wie „kurze Sätze“, „aktive Verben“ oder „kundenorientierter Ton“. Das klingt vernünftig. Und ist es auch – nur leider zu wenig.
Der Listenansatz: schnell gemacht, aber schnell entleert
Diese Konzepte folgen oft einem rein semantischen Modell. Sie arbeiten mit:
- Wörterlisten (z. B. „Begriffe, die wir verwenden“ / „Wörter, die wir vermeiden“)
- Synonymtabellen („statt ‘kostengünstig’ lieber ‘effizient’“)
Solche Listen sind leicht zu erstellen und schnell vermittelt. Doch genau darin liegt das Problem: Sie liefern Orientierung auf der Oberfläche, aber keine sprachliche Tiefe. Sie sagen, was man sagen soll – nicht wie die Marke klingt.
Ohne System: Corporate Wording von Hans-peter Förster
Ein prominentes Beispiel für den Listenansatz ist das Modell von Hans-Peter Förster. Es arbeitet mit sogenannten „Vier-Farben-Wörterbüchern“ – also typologisierten Begriffswelten für verschiedene Zielgruppen. Was wie Struktur aussieht, bleibt sprachlich flach: Die Liste mag stimmen, aber die Sprache klingt nicht.
Denn Worte sind nicht gleich Wirkung. Und wer nur Begriffe sortiert, gestaltet keine Stimme. Genau hier setzt DIVE an: mit einem systemischen Stilansatz, der Sprache nicht nach Farben sortiert, sondern sie aus Haltung, Struktur und Klang entwickelt.
Drei zentrale Schwächen des Listenansatzes
1. Kein stilistischer Markenkern
Listen zeigen Begriffe – aber nicht die dahinterstehende Haltung. Zwei Unternehmen können die gleichen Wörter verwenden und dennoch völlig unterschiedlich wirken. Denn Sprache wirkt nicht allein durch Vokabular, sondern durch Ton, Rhythmus, Struktur – durch Stil.
2. Keine strategische Konsistenz
Wörterlisten wirken isoliert. Sie schaffen keine Verbindung zwischen Markenidentität und Sprachstruktur. Die Folge: Formulierungen wiederholen sich, Texte bleiben generisch. Man erkennt sie weder wieder noch ordnet man sie klar einer Marke zu. Es fehlt das sprachliche Profil.
3. Geringe Anschlussfähigkeit im Alltag
Ein Satz wie „Verwenden Sie bitte ‘kundenorientiert’ statt ‘kundenfreundlich’“ ist eine Regel. Aber keine Hilfe im Schreibprozess. Denn die eigentliche Herausforderung ist nicht, das richtige Wort zu finden – sondern den richtigen Ton zu treffen. Dafür braucht es stilistische Leitplanken, keine semantischen Verzeichnisse.
Wenn alle dasselbe sagen, bleibt nichts hängen
Der Listenansatz produziert am Ende oft genau das, was er eigentlich vermeiden will: sprachliche Gleichförmigkeit. Begriffe wie innovativ, vernetzt, nachhaltig, kundenfokussiert stehen in vielen Corporate-Language-Guides – und führen doch zu Texten, die austauschbar wirken.
Warum? Weil sie nicht das Wie klären. Die semantische Auswahl ersetzt keine stilistische Strategie.
Fazit
Ein Corporate-Language-Konzept, das sich auf Wörterlisten verlässt, wirkt oft wie ein Etikett ohne Inhalt. Wer Sprache aber wirklich markenstark gestalten will, muss tiefer gehen – in die Struktur, den Satzbau, die Rhythmik, die Zeichensetzung.
Erst dort beginnt Corporate Language als strategisches Stilkonzept.